Die Blaudruckerei im Hause Wagner wird heute in der dritten und vierten Generation betrieben. Der erste Blaudrucker in der Familie, Karl Wagner, wurde 1847 in Hohenfurt, dem heute tschechischen Vyssi Brod geboren. Karl Wagners Eltern verstarben, als dieser noch ein Kind war und so kam Karl Wagner zu Pflegeeltern. Bei der Familie Meisl erlernte das Pflegekind das Färberhandwerk und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch das Blaudrucken. Nach zehn Jahren verließ der nunmehr Zweiundzwanzigjährige das Haus seiner Pflegeeltern und Lehrmeister und ging, wie damals üblich, „auf die Walz“.
Blaudruck Praxis: acht Jahre auf der Walz
Karl Wagners Aufzeichnungen über diese Wanderschaft, die ihn fast acht Jahre lang durch Europa führte, geben heute interessante Einblicke über das Erlernen eines Handwerks zu dieser Zeit und über das Leben in den Gesellenvereinen vor der Jahrhundertwende. Unter anderem besuchte Karl Wagner Basel, Freiburg, Frankfurt, Dresden, Berlin, Hamburg und Prag, bevor er wieder in seine Heimat zurückkehrte. Dort kaufte sich Karl Wagner, inzwischen Färbermeister, im Jahre 1878 mit seinem Ersparten das Haus Spielau Nr.5 in Bad Leonfelden, das bereits 1662 urkundlich erwähnt worden ist. Das Haus war ursprünglich als Badehütte errichtet worden, 1833 wurde das bestehende Haus abgerissen, das neu erbaute Badehaus entsprach im Wesentlichen der heutigen Form des Gebäudes. Vor dem Erwerb des Anwesens durch Karl Wagner war darin eine Brauerei untergebracht, deren Wirtschaftsteil der Färbermeister nun in eine Färberei umbaute. Neben dem Anlegen der Färbeküpen mussten dazu im Dachboden des Hauses Vorrichtungen zum Trocknen der Stoffbahnen eingerichtet werden. Die damals angelegten Küpen sind heute noch in Verwendung!
Der Blaudruck auf dem Weg in die Zukunft
Karl Wagner verstarb 1918, nach dem ersten Weltkrieg führte sein Sohn Karl das Unternehmen weiter. Er hatte eine fundierte Ausbildung in seinem Elternhaus und in Linzer Betrieben erhalten, wollte aber den Spuren seines Vaters folgen und begab sich wie dieser auf Wanderschaft, unter anderem nach Kiel, Hamburg und Eger. In der Zwischenkriegszeit verlor das Bedrucken von Stoffen allmählich an Bedeutung, nun stand das Färben von Wolle, Leinen und fertig genähten Kleidungsstücken im Vordergrund. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden Militäruniformen umgefärbt, um alltagstauglich zu sein, die Blaudruckerei war kaum mehr gefragt und war weitestgehend der Tracht vorbehalten. In dieser Zeit wurden viele Druckmodel an Museen und Liebhaber verschenkt.
Der dritte Karl der Familie, geboren 1932, erlernte in Linz und durch die Mithilfe im elterlichen Betrieb ebenfalls das Färberhandwerk. Er führte die Mechanisierung des Färberbetriebes durch und baute den Betrieb zu einer der ersten Wäschereien und chemischen Reinigungen des Mühlviertels aus. In alter Tradition pflegte er aber auch weiterhin gemeinsam mit seinem Vater das Handwerk des Blaudruckens. Der dritte Karl Wagner experimentierte außerdem mit Farbstoffen für den Direktdruck. Seit den 1960er Jahren stieg die Nachfrage nach Handdrucken für Heimtextilien wieder an, viele Menschen brachten nun handgewebtes Leinen und andere Textilien, um sie färben oder bedrucken zu lassen. Dieser neuen Nachfrage nach altem Handwerk ist es zu verdanken, dass auch die vierte Generation Wagners das Druckhandwerk erlernte.
Die vierte Generation: Blaudruck wird wieder modern
Seit 1996 wird im Hause Wagner wieder regelmäßig gedruckt und gefärbt. Karl IV wird dabei von seiner Frau Maria tatkräftig unterstützt. Den beiden ist es zu verdanken, dass die Werkstatt heute Interessierten zugänglich ist und der Blaudruck im Mühlviertel wieder auflebt. Alte Model aus dem Besitz des Urgroßvaters wurden vom Dachboden geholt, liebevoll restauriert und kommen heute wieder zum Einsatz. Der fast in Vergessenheit geratene Zweifarbenblaudruck wurde wieder entdeckt und zu neuem Leben erweckt. Neben vielen verschiedenen Produkten, die Interessierte im Hause Wagner genauso erwerben können wie auf Kunst- und Handwerksmärkten, steht der Blaudruck auch heute noch ganz im Zeichen der Individualität: wer sich Textilien in der alten Blaudrucktechnik herstellen lassen möchte, kann aus einer Vielzahl von Mustern und Bordüren wählen und so seinen ganz eigenen Stoff drucken lassen.
Sie haben Interesse an der Geschichte des Blaudrucks und möchten mehr über die Reisen der Blaudrucker aus dem Hause Wagner erfahren? Kontaktieren Sie uns und vereinbaren Sie eine Führung in der Blaudruckerei Wagner!